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Fallbericht: Mediation eines Arbeitskonfliktes - wie man hartnäckige Streitmuster unterbricht*

Der Konfliktfall

Herr Klesen arbeitet seit 15 Jahren in einer sozialen Einrichtung und war verantwortlich für eine Begegnungsstätte, die er mit viel Engagement und Fingerspitzengefühl aufgebaut und geprägt hat. Eines guten Tages wurde er mit anderen Aufgaben betraut, sollte aber seiner Nachfolgerin, Frau Reuß, noch eine Weile beiseite stehen, bis diese sich eingearbeitet hat.

Frau Reuß erlebte Herrn Klesen als belehrend und überheblich und fühlte sich in ihre Zeit als Schülerin zurückversetzt, wenn er ihr etwas erläuterte. Herr Reuß war genervt von Frau Reuß, weil diese häufig bei ihm anrief und sofortige Unterstützung verlangte, wenn ihr etwas unklar war.

Beide stichelten hinter dem Rücken gegen den anderen und beschwerten sich im Wechsel bei der gemeinsamen Vorgesetzten. Schließlich führte ein Missverständnis zu einem offenen, lautstark vor Kunden ausgetragenen verbalen Schlagabtausch.

Herr Klesen weigerte sich darauf hin, mit Frau Reuß weiterhin zusammen zu arbeiten.

Gespräche der Vorgesetzten mit den Kontrahenten konnten nicht zur Beilegung des Konfliktes beitragen, sodass die Vorgesetzte einen Mediator einschaltete.

Konflikte sind…

…festgefügte, automatisierte Verhaltensmuster, die oft ohne fremde Hilfe nicht unterbrochen werden können. Ein Wort gibt das andere, die Beteiligten versuchen, mit jeder (Re)Aktion „noch Eins draufzusetzen“. Das eigentliche Problem ist nicht die Sache, um die es ursprünglich ging, sondern die jeweils andere Person. Schließlich weigert sich diese einzusehen, dass man doch selbst im Recht ist, böswilliger Weise. Da alle Beteiligten so denken, ist keine Annäherung möglich.

Die Ursache von Konflikten liegt in einer tatsächlichen oder befürchteten Bedrohung von Interessen und Bedürfnissen. Wird eine solche Bedrohung wahrgenommen, entsteht schnell eine Angriffs- oder Verteidigungshaltung.

Der Ausweg aus dem Teufelskreis

In Einzelgesprächen wurden die Vorgesetzte und dann die Konfliktparteien über den Ablauf der Mediation und deren Grundsätze informiert sowie die Bereitschaft zur Teilnahme geprüft.

Klare Ansage

Die Beilegung eines Arbeitskonfliktes ist stark abhängig von der Haltung der Vorgesetzten. Der Mediator empfahl daher der Vorgesetzten, in einem Gespräch mit den Konfliktbeteiligten klar und deutlich zu machen, dass ihr die Bereinigung des Konfliktes sehr ernst sei. Sie dürfe im Falle des Scheiterns aus Fürsorgegründen und zur Wahrung des Betriebsfriedens eine Versetzung nicht ausschließen. Dabei stehe noch nicht fest, wer von beiden versetzt werden würde.

Die Konfliktursachen aufdecken

In der ersten Mediationssitzung hatte jede Partei die Gelegenheit, ohne Unterbrechung durch den anderen die eigene Sichtweise darzulegen. Dabei wurde deutlich, dass sich Herr Klesen in seinem Bedürfnis nach Anerkennung der bisher geleisteten Aufbauarbeit nicht erst genommen fühlte, während sich Frau Reuß in ihrem Bedürfnis nach Autonomie und Selbstentfaltung beeinträchtigt sah.

Nach diesem Schritt wurden Konfliktthemen für die Bearbeitung ermittelt. Es bestand Einigkeit darüber, dass das Thema „Verbesserung der Kommunikation untereinander“ zuerst behandelt werden sollte.

Beteiligte zum eigenen Beobachter machen

Kern der zweiten Sitzung war die Aufforderung des Mediators an Herrn Klesen und Frau Reuß, sich in die Rolle von Beratern zu versetzen und aus dieser Position das eigene Verhalten zu beurteilen.

Den Beteiligten wurde durch diesen Perspektivwechsel klar, dass der Konflikt einen großen Teil ihrer Energien aufsaugt. Frau Reuß bedauerte, dass sie deshalb auch nicht von den Erfahrungen des Herrn Klesen habe profitieren können.

Was passiert, wenn nichts passiert?

Auf die Frage, wie es sich auswirkt, wenn sich die Spannungen fortsetzen, kam die übereinstimmende Antwort, dass man sich dann versetzen lassen oder kündigen würde. Das, obwohl beide gerne ihre Arbeit tun.

Diese Erkenntnisse änderten die Atmosphäre zwischen Herrn Klesen und Frau Reuß entscheidend. Auf Nachfrage des Mediators, mit welchen konkreten Handlungen sie mehr aufeinander zu gehen könnten, schlug Herr Klesen ein gemeinsames Gespräch über die Arbeit in der Begegnungsstätte vor. Ein konkreter Termin wurde vereinbart. Frau Reuß schlug vor, sich wenigsten einmal monatlich zu einem Kaffee zu treffen.

Nachkontrolle

Ein knappes Jahr später fand ein Treffen der Beteiligten mit dem Mediator statt. Die Zusammenarbeit funktioniere und es gäbe keine nennenswerten Streitthemen mehr. Zeitaufwand: 9 Stunden.

*) es handelt sich um einen authentischen Fall. Namen und Details des Hergangs wurden aus Datenschutzgründen und im Interesse der Vertraulichkeit geändert.

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